Immer dann, wenn Immobilien verkauft oder gekauft werden, spielt der Wert der Immobilie eine besondere Rolle. Da es (noch) keine Immobilienbörse gibt, auf der Immobilienpreise für einen Markt beobachtet werden können, bedient man sich in der Praxis Immobilienbewertungsverfahren, um diesen Wert zu ermitteln.
Gleich vorweg, über das Thema Immobilienbewertung könnte man ein ganzes Buch schreiben – und dieses Buch wäre vermutlich ganz schön dick. Wir können an dieser Stelle also nur einen Überblick über die wichtigsten Bewertungsverfahren, deren Berechnungsformeln und deren Parameter geben.
Die Komplexität des Themas zeigt sich schon dadurch, dass selbst der Begriff Immobilienwert genau definiert und von anderen Begrifflichkeiten abgegrenzt werden muss. Wenn Expert:innen nämlich vom Wert einer Immobilie sprechen, ist damit der sogenannte Verkehrswert gemeint. Der Verkehrswert entspricht jenem Betrag, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr im Rahmen der rechtlichen Gegebenheiten den tatsächlichen Eigenschaften der Immobilie den persönlichen Verhältnissen im Rahmen einer Veräußerung zu erzielen wäre. Vom Begriff des Verkehrswerts muss der Begriff des Kaufpreises abgegrenzt werden. Denn der Kaufpreis einer Immobilie muss nicht ihrem Verkehrswert entsprechen. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass Verkäufer:innen immer einen möglichst hohen Preis erzielen wollen, während Käufer:innen einen möglichst niedrigen Kaufpreis bezahlen wollen. Durch Verhandlungsgeschick der einen oder anderen Seite kann der Kaufpreis also stark variieren, um vom Verkehrswert abweichen. Ein besonders einleuchtendes Beispiel ist aber, wenn ein:e Verkäufer:in eine Immobilie aufgrund eines finanziellen Engpasses möglichst schnell verkaufen will. Dann wird diese:r Verkäufer:in auch bereit sein, beim Kaufpreis Abstriche zu machen. In diesem Fall wird die Immobilie vermutlich unter dem Verkehrswert verkauft werden.
Ein weiterer Begriff ist der Einheitswert. Der Einheitswert wird aufgrund des Bewertungsgesetzes vom zuständigen Finanzamt ermittelt und bildet die Besteuerungsgrundlage vor allem für die Grundsteuer und die Grunderwerbssteuer bei Immobilientransaktionen im Rahmen von Schenkungen oder Erbschaften. Beim Einheitswert handelt es sich also insbesondere einen Begriff für steuerrechtliche Themenstellungen.
Immobilienbewertung bedeutet aber immer nur eine bestmögliche Schätzung für den Wert der Immobilie vorzunehmen. Der tatsächliche Wert kann nur berechnet werden, wenn alle relevanten Parameter bekannt sind. Da einige dieser relevanten Parameter aber in der Zukunft liegen, wie beispielsweise die Entwicklung des Immobilienmarktes, die wirtschaftliche Entwicklung einer Region, eventuelle Mietausfälle in der Zukunft etc, kann es sich dabei immer nur eine Schätzung handeln.
Für die Bewertung von Immobilien gibt es sogar eine gesetzliche Regelung – das Liegenschaftsbewertungsgesetz. Allerdings ist diese Regelung nur im Rahmen von gerichtlichen Verfahren und Verwaltungsverfahren zwingend anzuwenden. Im Bereich von privaten Immobilientransaktionen ist eine Anwendung des Liegenschaftsbewertungsgesetzes nicht vorgeschrieben. Das Gesetz regelt insbesondere auch die wissenschaftlich allgemein anerkannten Wertermittlungsmethoden. Dazu gehören vor allem
Ein weiteres bedeutendes Dokument für die Wertermittlung von Immobilien ist die ÖNORM B1802. In dieser Norm werden unterschiedlichste Begriffe definiert, die Einflussgrößen der Wertermittlung festgelegt und die Wertermittlungsverfahren dargestellt. Neben weiteren Punkten wird unter anderem auch der Vorgang zur Ermittlung der Größe von Grundstücken und anderen Immobilien genau definiert.
Wenn eine ausreichend große Anzahl von geeigneten Vergleichspreisen zur Verfügung steht, ist das Vergleichswertverfahren die einfachste und marktkonformste Wertermittlungsmethode. Bis heute ist es aber äußerst schwierig, geeignete Vergleichswerte zu finden. Beispielsweise muss dazu durch Recherchen in der Urkundensammlung des Grundbuchs nach Kaufpreisen für vergleichbare Immobilien gesucht werden. Aber Vorsicht: Kaufpreis ist ja bekanntlich nicht unbedingt Verkehrswert. Außerdem kann dazu bei Behörden in Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne oder Bauakten eingesehen werden. Dabei sollten Immobilien für den Vergleich herangezogen werden, die in ihren Eigenschaften ähnlich sind. Diese Wertbestimmungsmerkmale sind Lage, Entwicklungszustand, Art und Maße der baulich zulässigen Nutzung, Erschließungsgrad, Bodenbeschaffenheit, Grundstücksgröße und – gestaltung, Recht und Lasten, die Gebäudeart, das Baujahr, die Bauweise, Größe und Ausstattung, der Zustand und natürlich potenzielle Erträge.
Diese Informationen zu beschaffen ist aufwendig und manchmal recht kompliziert. Glücklicherweise gibt es aber eine Plattform, in der eine Vielzahl an solchen Informationen ganz einfach gefunden werden kann… Du ahnst es vermutlich schon: Brickwise.
Das Sachwertverfahren oder auch Substanzwertverfahren wird bei der Ermittlung des Werts von eigengenutzten Immobilien verwendet bzw. immer dann, wenn keine Mieteinnahmen erzielt werden oder erzielt werden können oder aber auch keine Vergleichswerte zu Mieteinnahmen vorhanden sind. Der Liegenschaftswert setzt sich im Sachwertverfahren aus den drei getrennt voneinander zu ermittelnden Werten zusammen:
Einfach ausgedrückt, versucht man im Rahmen des Sachwertverfahrens bzw. Substanswertverfahrens eben die Substanz, also jenen Betrag zu ermitteln, der bezahlt werden müsste, um die Immobilie unter Berücksichtigung des Alters und des Zustandes genau an dieser Stelle wieder neu zu errichten.
Der Bodenwert wird im Vergleichswertverfahren ermittelt. Wenn die Fläche der Immobilie, die sich auf dem Grundstück befindet, nicht exakt der im Flächenwidmungsplan definierten Bebauungsdichte entspricht, muss ein Abschlag wegen Minderausnutzung bzw. ein Zuschlag wegen Mehrausnutzung des Grundstücks berücksichtigt werden.
Der Bauwert von Gebäuden wird ermittelt durch folgende Berechnung
Herstellungskosten (Neubaukosten)
- Wertminderung wegen unbehebarer Baumängel und -schäden
= gekürzte Herstellungskosten
- Wertminderung wegen Alters
= Sachwert des Gebäudes
- Wertminderung wegen verlorenem Bauaufwand
+- Zu- und Abschläge wegen sonstiger wertbeeinflussender Umstände
- Wertminderung wegen behebbarer Baumängel und -schäden
= Bauwert des Gebäudes.
Zu jeder Einzelnen dieser Positionen könnten wir einen eigenen Artikel schreiben…Spoiler: genau das werden wir auch tun ;) Eines vorweg: die Herstellungskosten können überschlagsmäßig gut geschätzt werden, indem man die Fläche des Gebäudes mit den durchschnittlichen Baukosten multipliziert. Für diese Baukosten gibt es eine Vielzahl an kostenlos verfügbaren Statistiken. Einige davon fidnest du etwa auf Statistik Austria.
Mithilfe des Ertragswertverfahrens werden Immobilien bewertet, die in erster Linie Erträge aus der Vermietung oder Verpachtung erzielen. Manchmal spricht man auch davon, dass das Kapital, das in der Immobilie steckt verzinst wird. Daher kommt auch die Begrifflichkeit Mietzins.
Wie beim Sachwertverfahren wird zwischen Bodenwert und dem Wert des Gebäudes unterschieden. Der Bodenwert wird ebenfalls durch das Vergleichswertverfahren ermittelt. Der Wert der Immobilie, beispielsweise jener einer Anlegerwohnung, kann durch ein Schema ermittelt werden:
Nettomieteinnahmen
- Bewirtschaftungskosten
= Jahresreinertrag der Immobilie
- Verzinsungsbetrag des Grundstückswerts
= Jahresreinertrag des Gebäudes
x Vervielfältiger
= Ertragswert des Gebäudes
+- Zu- und Abschläge wegen sonstiger wertbeeinflussender Umstände
- Wertminderung wegen Baumängeln und -schäden
= Wert der Immobilie
Auch an dieser Stelle könnten wir zu jeder dieser Positionen einen eigenen Artikel schreiben. Ein wenig genauer wollen wir die Begriffe aber kurz beschreiben: Bei den Mieteinnahmen handelt es sich um die Mieteinnahmen ohne Umsatzsteuer. Diese Mieteinnahmen dürfen nur die Einnahmen enthalten, die für die Nutzung der Immobilie bezahlt werden. Zu den Bewirtschaftungskosten zählen nicht umlagefähige Verwaltungskosten, nicht umlagefähige Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis. Das Mietausfallwagnis ist eine kalkulatorische Ertragsminderung die durch Mietrückstände oder Leerstände der Immobilie verursacht werden kann.
Besondere Bedeutung kommt dem Vervielfältiger zu. Je nach Immobilienart, Restnutzungsdauer und Liegenschaftszinssatz ist dieser unterschiedlich. Der Liegenschaftszinssatz wird zudem aus dem Kapitalmarktzinssatz abgeleitet. Ihr seht schon, jetzt wird’s kompliziert. Versprochen, wir schreiben schon an einem neuen Artikel, in dem wir auch dieses Mysterium verständlich erklären werden.
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